Neue Methode weist nach: Pressearbeit hat Einfluss auf den Umsatz

By: MSB, AA / 17.12.08

Rainer Lang, Pleon

Dass Pressearbeit Buchungen und damit Umsatz von Center Parcs positiv beeinflusst, haben Pleon und BrandScience mit einem aus der Werbewirkungsforschung entlehnten Verfahren ermittelt. Dazu wurden möglichst alle auf die Kaufentscheidung einflussnehmenden Faktoren berücksichtigt. Wie die Methode funktioniert und was sich daraus ableiten lässt, erläutert im Interview Rainer Lang, Leiter der Research Unit bei Pleon.

communicationcontrolling.de: Was ist das Neue bzw. das Besondere ihres Verfahrens für die Evaluation von PR-Arbeit?

Rainer Lang: Die Ausgangsfragestellung für unsere Untersuchung lautete: Welchen Einfluss hat die PR-Arbeit eines Unternehmens auf den Umsatzverlauf im Vergleich zu weiteren Kommunikationsmitteln (z.B. Werbekontakte durch TV, Radio oder Anzeigen)? Bislang war es für PR-Agenturen schwierig, den Wirkungseinfluss von Pressearbeit auf das Betriebsergebnis eines Unternehmens zu messen, da ein direkter Zusammenhang zwischen guter Medienarbeit und Konsumausgaben nicht belegt werden konnte. Pleon hat dazu, in Kooperation mit der Omnicom-Schwester BrandScience und seinem Kunden Center Parcs, in genau diesem Kontext die Pilotstudie 'Performedia' durchgeführt, in der erstmals nachgewiesen wurde, wie stark der Umsatz (in diesem Fall die Buchungen) durch redaktionelle Pressearbeit – im Vergleich zu anderen Kommunikationsinstrumenten – beeinflusst wird. Darüber hinaus konnte die Rentabilität von Pressearbeit valide gemessen werden, indem zusätzlich das Kommunikationsbudget in die Analyse einbezogen wurde.

communicationcontrolling.de: Wie funktioniert es? Wie gehen Sie vor?

Rainer Lang: Durch den Einsatz des so genannten ökonometrischen Modellingverfahrens wird insbesondere untersucht, wie sich die Effizienz der eingesetzten Kommunikationsinstrumente in ihrer betriebswirtschaftlichen Wirkung voneinander unterscheiden. Im Performedia-Ansatz für Center Parcs wurden dabei, neben den beeinflussbaren kommunikativen Variablen, einschließlich PR und den Faktoren aus dem Marketing-Mix (z.B. Preisgestaltung), auch nicht steuerbare Marktbedingungen (z.B. Wetter, Ferienzeiten aber auch die Werbung von Wettbewerbern) analysiert.
Der Einfluss auf die Zielvariable 'Buchungen' wurde dabei anhand eines statistischen Datenmodells untersucht, das den tatsächlichen Buchungsverlauf möglichst real nachbilden konnte. Dafür wurden als Grundlage, rückwirkend über drei Jahre hinweg, wöchentliche Daten zu sämtlichen kommunikativen und nicht-kommunikativen Inputvariablen ausgewertet.

communicationcontrolling.de: Was lässt sich daraus für die tägliche Kommunikationsarbeit ablesen?

Rainer Lang: In der Pilotstudie mit Center Parcs konnte klar aufgezeigt werden, welche Marketing- und PR-Maßnahmen in welchem Umfang zu Buchungen geführt haben. Dabei stellte sich heraus, dass rund 30 Prozent aller massenmedial bewirkten Buchungen (neben TV- und Anzeigenwerbung) statistisch eindeutig auf die durch PR generierte, redaktionelle Berichterstattung zurückgeführt werden konnten. Im Hinblick auf den Budgeteinsatz schnitt PR dabei mit Abstand am besten ab. Um eine bestimmte Anzahl an Buchungen herbeizuführen, benötigte die PR lediglich ein Fünftel des Budgets für Fernsehwerbung. Im Vergleich zu Print-Anzeigen war der so genannte Return on Investment von PR dreimal so hoch. Marketing- und Kommunikationsverantwortliche haben mit Performedia erstmals ein Instrument, mit dem sie Szenarien entwickeln können, die eine fundierte Planung und Budgetsteuerung nicht nur der klassischen, sondern auch der PR-bezogenen Kommunikationsinstrumente erlauben. Durch optimale Aussteuerung des gesamten Kommunikationsportfolios kann so eine Verbesserung der Kommunikationseffizienz – bei gleichem Budget – von durchschnittlich 20 Prozent erzielt werden.

communicationccontrolling.de: Am Fallbeispiel Center Parcs beschreiben sie den Einfluss von PR-Maßnahmen auf die Marktkommunikation, konkret den Einfluss von Presseberichterstattungen auf Buchungen. Ließe sich der Ansatz auch auf andere Bereiche übertragen - also Kommunikationsmaßnahmen die nicht direkt umsatzrelevant sind, wie sie beispielsweise in der internen oder politischen Kommunikation gang und gäbe sind?

Rainer Lang: Grundsätzlich wird das Modelling für spezifische Unternehmen, Branchen und Situationen immer neu entwickelt und individuell angepasst. Besonders gut eignet sich Performedia für Analysen im Bereich der schnelllebigen Konsumgüter (FMCGs), für Pharma/OTC-Märkte oder in der Dienstleistungsbranche (z.B. Tourismus, Telekommunikation). Generell sind als Modellinggrößen aber auch Awareness-Parameter wie Werbeerinnerung, Markenbekanntheit, Sympathie, Empfehlungsbereitschaft etc. denkbar. Der Einsatz von Performedia für die Untersuchung weiterer Zielgrößen, über den Umsatz hinaus, besitzt zudem hohes Potenzial. So kann z.B. auch der Einfluss von Medienberichterstattung auf die Reputation eines Unternehmens bzw. auf das Image des CEOs berücksichtigt werden. Speziell für die politische Kommunikation wäre es möglich – und äußerst spannend –  den Einfluss von Medienberichterstattung auf die Reputation von Politikern oder Parteien quantifizierbar nachzuvollziehen.

communicationcontrolling.de: Das Verfahren erscheint aufgrund der Vielfalt und Vielzahl der verwendeten Daten sehr aufwändig. Setzt es voraus, dass im zu analysierenden Unternehmen bzw. seinen Aktivitäten bereits eine Reihe von Daten systematisch erhoben und ausgewertet werden?

Rainer Lang: Im Grunde ist das Modellingverfahren nicht besonders aufwändig. Häufig sind die Daten im Unternehmen bereits vorhanden, so dass in erster Linie die reine Analyse ins Gewicht fällt. Aber zutreffend ist: Damit der Einfluss der wichtigsten (Kommunikations-)Variablen auf den Umsatz valide identifiziert werden kann, ist jeweils eine ausreichend lange, rückwirkende Datenzeitreihe von möglichst drei Jahren notwendig. Um den Wirkungseinfluss von PR messen zu können, setzt dies ein kontinuierliches Medienmonitoring voraus. Gleiches gilt für die relevanten Marketingdaten, auch zu Wettbewerberaktivitäten. Die Aufbereitung und selbstverständlich auch die Auswertung sämtlicher Daten sind ein wesentlicher Bestandteil des Projekts und müssen nicht vom Kunden geleistet werden.

communicationcontrolling.de: Für Center Parcs waren drei Prozent der Buchungen auf die gesamte Berichterstattung - selbst- oder fremdinitiiert - zurückzuführen. Wesentlich stärker wirkten verständlicherweise Wetter, Preis und Ferienzeiten. Größten Einfluss aber hatte eine "Baseline" - ein nicht näher zu definierender Markenkern. Sicherlich ist auch dieser von Kommunikationsmaßnahmen beeinflusst und längerfristig entstanden, also eine Art Image. Kann Performedia nur kurzfristige Effekte fassen und ausweisen?

Rainer Lang: Für die eingesetzten Marketing- und Kommunikationsmaßnahmen werden die (Umsatz-)Effekte kurz- bis mittelfristig ermittelt. Die Ergebnisse werden unter Berücksichtigung einer möglichen zeitlichen Verzögerung der Umsatzwirkung, die sich je nach Kommunikationsmedium über einen Zeitraum von bis zu einem Jahr erstrecken kann, gemessen. Die langfristigen Effekte in Bezug auf die Entwicklung bzw. die Veränderung der Baseline ergeben sich dabei indirekt aus dem Vergleich der Ergebnisse mehrerer Modellierungen für dieselbe Zielvariable, sofern in regelmäßigen, z.B. jährlichen, Abständen Aktualisierungen erstellt werden.

communicationcontrolling.de: Welchen Mehrwert kann der Ansatz für ein Kommunikationsmanagement dann allgemein bieten?

Rainer Lang: Der Vorteil von Performedia liegt in der Effizienzbeurteilung sämtlicher eingesetzter Kommunikationsinstrumente im Hinblick auf ihren jeweiligen Einfluss auf den betriebswirtschaftlichen Unternehmenserfolg. Insbesondere in wirtschaftlichen Krisenzeiten können die Ergebnisse zu einer Optimierung der Budgetallokation genutzt werden und strategische Entscheidungen für den geplanten Einsatz von Kommunikationsmaßnahmen abgesichert werden. Die Prognosefähigkeit des Tools, um verschiedene Kommunikationsszenarien durchzuspielen, kann hierzu ideal eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang lassen sich durch das Modelling Grenznutzeneffekte ermitteln, die eine effiziente Wirkung von Kommunikationsaktivitäten in Abhängigkeit vom Kommunikationsdruck bestimmen. Nicht zuletzt geht es auch darum, den Einfluss von Kommunikation durch den Wettbewerb zu identifizieren und in der eigenen Media-Strategie zu berücksichtigen.

communicationcontrolling.de: Wo sehen Sie die größte Herausforderung im Einsatz des Tools?

Rainer Lang: Grundsätzlich steht dem Einsatz von Performedia nichts im Weg. Wie bei jedem Evaluationsprojekt ist auch bei diesem Verfahren eine konkrete Definition der Zielsetzung wichtig und darüber hinaus sollte ein ausreichend verfügbares, empirisches Datenmaterial vorhanden sein, um zu validen Ergebnissen zu gelangen.
Es kann mit Performedia glaubhaft vermittelt werden, dass multidisziplinäre Kommunikationsprogramme effektiver sind als Einzelmaßnahmen, die isoliert konzipiert und gemanagt werden. Der Modellansatz zeigt, welche entscheidende Komponente PR – und insbesondere Medienarbeit – in jeder Kampagne darstellt, und wird hoffentlich dazu beitragen, dass diese Disziplin auch auf Vorstandsebene mehr Beachtung findet.

communicationcontrolling.de:  Herr Lang, Vielen Dank für dieses Interview.

Über Rainer Lang
Rainer Lang ist Senior Berater bei der Kommunikationsagentur Pleon und Leiter der Unit Research & Evaluation. Kernelemente seiner Arbeit sind die Messung des Wertbeitrags von Kommunikation, Issues Management sowie Medien- und Reputationsanalysen.


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