Ausblick 2015: „Wir dürfen die Praxis nie aus den Augen verlieren!“

Von: Claudio Rehmet / 23.01.2015

Reimer Stobbe, Leiter des Facharbeitskreises Kommunikations-Controlling im Internationalen Controller Verein (ICV), betont, dass internationale Standards etabliert und der praxisfreundliche Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen gewährleistet werden müssen. So könne sich das Kommunikations-Controlling in 2015 weiterentwickeln. Des Weiteren werde das Fortschreiten im Social Media-Bereich zu einem Schwerpunktthema. Bereits vergangene Woche betonte Lothar Rolke die Bedeutung des Webmonitorings für das neue Jahr. Im zweiten Teil des communicationcontrolling.de-Jahresausblicks 2015 skizziert Stobbe künftige Trends, Herausforderungen und Problemstellungen.

communicationcontrolling.de: Herr Stobbe, was sind Ihrer Meinung nach die Trends 2015, mit denen sich Wissenschaft und Praxis beschäftigen sollten?

Reimer Stobbe: Im Jahr 2015 wird sich der Trend fortsetzten, das Engagement in Social Media für Unternehmen bewertbar zu machen. Einerseits ist das Marktwachstum von entsprechenden Tools und Methoden ungebrochen. Andererseits normalisiert sich das Interesse der Unternehmen am Social Web insofern, als dass mehr und mehr nach bewertbaren Zielen gefragt wird. Damit lässt sich die Social Media Evaluation in ein strategisches Kommunikations-Controlling einordnen, das immer zuerst nach Zielen und dann nach Kennzahlen fragt. Durch Standardisierung verlieren die Indizes der Toolanbieter ihre Vielfältigkeit und Beliebigkeit. Eine Besonderheit von Social Media bleiben die fremdinszenierten Kommunikationsprozesse, die das bisherige Verständnis der Steuerbarkeit der Kommunikation von einem und über ein Unternehmen weiter verändern werden. Auch die Kennzahlen müssen sich der stärkeren Differenzierung nach earned, owned und paid media anpassen. Ein wichtiger Trend im Marketing ist das Social-CRM, das die Geschäftsrelevanz von Social Media erhöhen wird. Nicht mehr Zielgruppen, sondern Zielpersonen lassen sich unter Kriterien des Geschäfts in den Fokus nehmen – entlang der Grenzen, die der Datenschutz setzt. Damit steht die Anbindung dieser dezentralen Social Media Aktivitäten an die Relationship Strategie der Geschäftseinheiten im Unternehmen außer Frage.

cc.de: Mit welchen Problemstellungen werden Sie sich im Bereich des Kommunikations-Controllings im kommenden Jahr auseinandersetzen?

Stobbe: Im Facharbeitskreis des ICV haben wir zuletzt in Zürich und Leipzig festgestellt, dass unser Wirkungsstufenmodell für Kommunikations-Controlling Social Media als ein Kommunikationsinstrument unter anderen sehr gut integrieren kann. An der Vergleichbarkeit aller Kommunikationsinstrumente innerhalb unserer Standards werden wir weiterarbeiten. Durch solche weiterführenden Diskussionen verbessern sich zugleich die Modelle. Auch ein Transfer zwischen unserem Wirkungsstufenmodell mit Reichweite im deutschsprachigen Raum und den angloamerikanischen Methoden, unter anderem der AMEC, ist uns gelungen. Die Internationalisierung der Methodenstandards scheint auf der Ebene der Medienevaluation also möglich zu sein. Grundsätzlich unterschiedlich scheint aber die Herangehensweise, die bei uns Ihren Fokus auf die Strategieentwicklung und Planung mit Zielen hat. Die Performance Messung von Medien und Instrumenten ist hier nachgeordnet.

cc.de: Welche Ziele gilt es in Wissenschaft und Praxis zu erreichen?

Stobbe: In der Praxis der Unternehmenskommunikation wünscht man sich weiter einfache und unaufwändige Verfahren, um in kurzer Zeit die positive Wirkung der Kommunikationsaktivitäten nachweisen zu können. Methoden wirken hier in abstrakter Form oft theoretisch und komplex. Dass beides nicht der Fall ist, zeigen am besten Anwendungsfälle aus der Praxis. Die Methodendiskussion der Erfahrenen und der Wissenschaft darf diesen Bedarf der Praxis nie aus den Augen verlieren. Auch unsere Kongresse und Onlineplattformen müssen es leisten, einerseits einen einfachen Zugang für die Praxis zu bieten, andererseits aber die Methoden als Standards durchzuhalten. Ohne Standards ist weder eine übergreifende Vergleichbarkeit noch eine Diskussion wirklich sinnvoll. Es droht Beliebigkeit statt Weiterentwicklung. Es bleibt einerseits eine Herausforderung, den Zusammenhang zwischen der laufenden Messung von Wirkung und Performance der Instrumente zu wahren und andererseits eine regelmäßige Ableitung von Kommunikations-Strategien und Zielen in der Organisation „von oben nach unten“ zu ermöglichen.

cc.de: Welchen Herausforderungen müssen sich Wissenschaft und Praxis in 2015 stellen?

Stobbe: In der Entwicklung des Kommunikations-Controllings klären sich jetzt die Facetten der Rolle der Kommunikation im Unternehmen: Zum einen bleiben der Bedarf und die Aufgabe der „Kommunikatoren“, ihre Einheiten im Unternehmen nach Kriterien der Effizienz und Effektivität zu steuern und dafür betriebswirtschaftliches Wissen zu integrieren. Letztlich geht es um die Anbindung der Maßnahmen an die Ziele des Unternehmens, die Planung und laufende Optimierung des Betriebs und noch immer um den Nachweis, aus dem Budget etwas Relevantes für das Unternehmen gemacht zu haben. Längst geht es zum anderen aber um mehr: Das Unternehmen ist im Ganzen auf die Fähigkeit angewiesen, die Beziehungen zu allen relevanten Stakeholdergruppen so zu managen, dass die Kooperation dieser Gruppen mit dem Unternehmen gewährleistet bleibt. Hier geht es um das Kommunikations-Vermögen des Unternehmens – das Communications-Capital. Dieses wird in der Qualität der Beziehungen (Relationships) zu den Stakeholdern messbar. Daran arbeiten wir, weil es die strategische Rolle der Kommunikatoren für das Unternehmen klärt und weil sich für das Kommunikations-Controlling entsprechende Chancen bieten: Mit unserem Wirkungsstufenmodell und unseren Methoden wie dem „Strategischen Haus“ sind wir im hohen Maße anschlussfähig an die Welt der CFOs, der Wirtschaftsprüfer und Controller. Derzeit arbeiten wir gemeinsam mit allen anderen Facharbeitskreisen im ICV daran, den Anschluss unserer Methoden und Begriffe an den neuen Standard des „Integrierten Reportings“ zu definieren und zu veröffentlichen. Die Beziehungsqualität zu den Stakeholdern kann als Potential neben den Ergebnissen Teil der externen Berichterstattung und Bewertung der Unternehmen werden. Damit löst das Kommunikations-Controlling zugleich seinen Anspruch ein, den Beitrag der Unternehmenskommunikation zur Wertschöpfung zu definieren – im Wirkungsstufenmodell auf der Ebene des „Outflows“.

Communicationcontrolling.de dankt Herrn Stobbe für seinen Beitrag. In der kommenden Woche folgt der dritte Teil unseres Jahresausblicks 2015.


Über Reimer Stobbe

Dr. Reimer Stobbe ist seit 2004 in der Unternehmenskommunikation der Münchener Rückversicherung für Kommunikations-Controlling zuständig. Er ist an mehreren unternehmensübergreifenden Projekten zum Thema beteiligt und leitet seit 2006 den Facharbeitskreis Kommunikations-Controlling im Internationalen Controller Verein. Zwischen 1999 und 2004 war Dr. Reimer Stobbe aktiv am Auf- und Ausbau der Kommunikationsinfrastruktur der Münchener Rückversicherung beteiligt und hatte verschiedene leitende Stellungen in diesem Bereich inne. Zuvor hat er ab 1996 als Leiter Unternehmenskommunikation und Pressesprecher der Sparkasse Wetterau u. a. den Ausbau der PR- und Kundenkommunikation geleitet.


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