Reputationsmessung

1. Definition
Reputation basiert grundlegend auf anspruchsgruppenspezifischen Images: Mit  Image wird meist ein vereinfachtes, typisiertes, bewertetes und handlungsleitendes Vorstellungsbild bezeichnet, welches sich über Eindrücke, Wahrnehmungen und Denkprozesse von Produkten, Personen, Sachverhalten oder ganzen Organisationen bei Personen oder Publikumsgruppen bildet. Das Verhältnis von Reputation und Image lässt sich als längerfristige, dynamische, gegenseitige Beziehung beschreiben, die von unterschiedlich manifestierten Corporate Images bestimmt wird. Reputation ist nur mittelbar beeinflussbar – über eine Art Image-Netzwerk, basierend auf kumulierten Wahrnehmungs- und Assoziationsprozessen der Corporate Identity. Darüber hinaus ist Reputation mit weiteren Attributen wie Vertrauens- und Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit und Verantwortungsbewusstsein besetzt und umfasst Unterstützungspotenziale sowie bestimmte Handlungserwartungen. Eine hohe Reputation gilt als Vertrauensbonus und kompetitiver Erfolgsfaktor im Wettbewerb.

Die Begriffe Image, Reputation sowie Ruf und Ansehen sind definitorisch sehr ähnlich und bei Messungen kaum zu unterschieden.

2. Anwendungsbereiche
Reputationsmessungen setzen an der Outcome-Ebene an. Mittels standardisierter Befragungen werden Einstellungen und Meinungen zum Untersuchungsobjekt, meist der Gesamteindruck von Unternehmen oder Marken erhoben. Reputation kann als immaterielle Größe ein Indikator für den Outflow von Kommunikation sein, da die mit dem Konstrukt verbundenen Unterstützungspotenziale (u.a. Kundenbeziehungen, Zuliefererpartnerschaften, guter Arbeitgeber) indirekten Einfluss auf den wirtschaftlichen Erfolg bzw. den Unternehmens- oder Markenwert haben.

Die verschiedenen Messverfahren unterscheiden sich größtenteils im gewählten Untersuchungsobjekt, in der "Tiefe" der Fragen und bezüglich der befragten Bezugsgruppen. Je nach Befragung einzelner Zielgruppen lassen sich auch "Teilreputationen" bestimmen. Die meisten Verfahren erlauben vergleichende Schlüsse über das Fremdbild (Ansicht von Außen) mit dem Selbstbild (Ansicht von Innen, Unternehmensidentität).

Messungen können auf drei Ebenen vorgenommen werden: Auf der kognitiven Ebene findet eine Wissensdiagnostik statt, es lassen sich Stärken und Schwächen des Untersuchungsgegenstandes identifizieren. Auf emotional-affektiver Ebene kann mithilfe von Selbst- und Fremdbildanalysen die Ausprägung einzelner Imagedimensionen ermittelt werden. Die konative Ebene ermittelt schließlich die innere Aktivierung und die Einbettung bzw. Nutzung des Imageobjekts - zum Beispiel eine spezielle Marke - im Lebens- bzw. Geschäftsalltag.

Neben punktuellen Analysen, die sich auf ein spezielles Untersuchungsobjekt beziehen und den aktuellen Stand abbilden, existieren zahlreiche Benchmarking-Projekte: Die Angebote reichen von Umfragen verschiedener Zeitschriften (z.B. Manager Magazin, Fortune) über Studien spezialisierter Beratungsunternehmen (z.B. CEO-Reputation Burson Masteller, Corporate Reputation Watch Hill and Knowlton) bis zu den internationalen Forschungen des Reputation Institute im Rahmen des Reputation Quotient.

Größtenteils geben diese Vergleiche jedoch nur eingeschränkt Aufschluss über zentrale Einflussgrößen der Reputation oder bestimmter Teilreputationen. Darüber hinaus können punktuelle Reputationsmessungen als statische Größen die dynamischen Eigenschaften des Image- bzw. Reputationswandels nicht vollständig erfassen. Dafür sind mit dem gleichen Instrumentarium mehrere, zeitlich versetzte Messungen nötig.

3. Umsetzung
Bei der Reputationsmessung kommen quantitative und qualitative Methoden der empirischen Sozialforschung zum Einsatz. Das Fremdbild einer Organisation wird meist durch Befragung wesentlicher Einflussgruppen und qualitativer Auswertung von Medienanalysen ermittelt. Das Selbstbild wird durch Befragungen von Management und Mitarbeitern erfasst. Durch standardisierte Befragungen können die Einstellungen und Meinungen zum Untersuchungsgegenstand ermittelt werden. Angewandt werden in Kombination qualitative Tiefeninterviews, semantische Differenziale sowie verschiedene Einschätzungsskalen. Daraus lassen sich Polaritätsprofile erstellen, die die Aussagen und Meinungen der befragten Bezugsgruppen widerspiegeln und gegenüberstellen. Eingesetzt werden auch Quer- und Längsschnittanalysen welche an psychologische Tests wie Assoziationstests oder Satzergänzungstests gekoppelt sind und die die thematische sowie zeitliche Entwicklung abbilden können. Je nach gewünschter Analysetiefe lassen sich noch weitere Verfahren wie Semiometrie oder Conjoint-Analysen einbinden. Kausal- sowie Regressionsanalysen können Beziehungen zwischen verschiedenen Ausprägungsfaktoren aufzeigen.

Darstellung angelehnt an: Wiedmann/Fombrun/van Riel 2005, S. 51

Ein mehrdimensionales, standardisiertes Messverfahren zur Ermittlung der Unternehmensreputation ist der von Charles J. Fombrun (Reputation Institut) und dem Marktforschungsinstitut Harris Interactive entwickelte Reputation Quotient (RQ) - im deutschsprachigen Raum auch als Reputationsfaktor bekannt. Die Methode wird seit 1999 weltweit für vergleichende Reputationsstudien also Benchmarking angewendet. Der RQ kann kritische Erfolgsfaktoren der Unternehmensreputation aus Sicht verschiedener Anspruchsgruppen aufzeigen. In sechs Kerndimensionen (emotionale Wirkung,  Produkte und Service, Vision und Führung, Arbeitsplatzumgebung, finanzielle Leistung, soziale Verantwortung; vgl. nebenstehende Abbildung) sollen die Befragten zwanzig Attribute einschätzen, die dann über verschiedene Faktoren auf einen Reputationswert verdichtet werden. Maximal erreichbar sind 100 Punkte. Der Einfluss einzelner Attribute auf diesen Wert kann dann mittels Regressions- und Faktorenanalyse berechnet werden.

Der RQ-Wert erscheint stark auf die jeweilige Branche bezogen und ist allein betrachtet wenig aussagefähig: Reputationspräferenzen bzw. -dimensionen sind branchentypisch ausgeprägt und führen aufgrund er Standardisierung der Überführung zu anderen Reputationsendwerten. Der Vergleich einzelner Dimensionen innerhalb der eigenen Branche mag dennoch aufschlussreiche Erkenntnisse liefern. Dennoch kann der RQ keinen direkten Bezug zum Unternehmenswert und damit der Outflow-Ebene von Kommunikation aufzeigen.

4. Anbieter
Die Ermittlung des Reputation Quotient sowie dessen Ergebnisspeicherung wird vom Reputation Institute vorgenommen. Gängige Verfahren der Imagemessung, die sich im Einzelnen nur marginal unterscheiden, bieten praktisch alle Marktforschungsinstitute an. Bei Cision werden Medienresonanzanalysen mit Marktforschungsmethoden zur Reputationsbestimmung verknüpft. Nähere Informationen zu Imageanalysen finden sich ebenfalls bei Skopos oder den Internetseiten von TNS Emnid. Letztere bieten ebenfalls das Verfahren der Semiometrie an.

5. Kennzahlen

6. weiterführende Links
Liehr, Kerstin/Peters, Paul/Zerfaß, Ansgar (2009): Reputation messen und bewerten – Grundlagen und Methoden. Dossier für communicationcontrolling.de. [PDF, 3,26 MB]

7. weiterführende Literatur
Fombrun, Charles J. (2001): Corporate reputation – Its measurement and management. In: Thexis, 18. Jg., Nr. 4, S. 23-26.

Fombrun, Charles J. (1996): Reputation. Realizing Value from the Corporate Image. Boston (Massachusetts), Harvard Business School Press.

Liehr, Kerstin/Peters, Paul/Zerfaß, Ansgar (2010): Reputation messen und bewerten - Grundlagen und Methoden. In: Pfannenberg, Jörg/Zerfaß,Ansgar (Hrsg.): Wertschöpfung durch Kommunikation. Kommunikations-Controlling in der Unternehmenspraxis. Frankfurt/Main: Frankfurter Allgemeine Buch, S. 153-168.

Schwaiger, M./Cannon, H.M. (2004): Unternehmensreputation – Bestandsaufnahme und Messkonzepte. In: Jahrbuch der Absatz- und Verbrauchswirtschaft, hrsg. von der GfK Nürnberg, 50. Jg., 2004, Heft 3, S. 237-261.

Wiedmann, Klaus-Peter/Fombrun, Charles J./van Riel, Cees B. M. (2005): Reputation messen und vergleichen. Der Reputation Quotient deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich. In: Pfannenberg, Jörg/Zerfaß, Ansgar (Hrsg.): Wertschöpfung durch Kommunikation. Den Beitrag zum Unternehmenserfolg steuern und kontrollieren. Frankfurt a. M.: FAZ-Institut für Management-, Markt- und Medieninformation, S. 51.

8. Fallbeispiele

Bitte senden sie uns zu diesem Thema Kurztexte ihrer Projekte in gleicher Struktur wie die vorhandenen Fallstudien sowie weitere Informationen (pdf oder links) zur eingesetzten Methodik in möglichst ausführlicher Darstellung.
Kontakt: redaktioncommunicationcontrolling.de


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